Der
Artikel von der Taufliege möchte glauben machen, dass Taufliegen einen
freien Willen haben. Der Artikel stützt sich auf die Behauptung, dass
Taufliegen beim Suchen nicht rein zufällig vorgehen. Sie benutzten
offensichtlich gewisse Muster.
Das tut aber auch jede Internetsuchmaschine. Ich habe aber noch keine
eigenwillige Internetsuchmaschine kennengelernt. Als Informatiker bin
ich es gewohnt mit mit Algorithmen zu tun zu haben, die gewisse
Ergebnisse von vorneherein ausschließen (z.B. reguläre Ausdrücke vgl.
http://www.google.com/codesearch):
z.B. *bau sucht alle Wörter mit dieser Endung und findet z.B. Wohnungsbau, Kirchenbau, Dachsbau, ...
oder B?ss findet alle Wörter die mit B anfangen, dann einen beliebigen
Buchstaben haben und schließlich mit zwei ss enden. Also findet dieser
Ausdruck: Buss, Bass, Biss, ...
Mit einer verbesserten Version könnte man sich einen Computer denken,
der die Lieblingswörter des Nutzer speichert und je nach
Benutzungshäufigkeit Punkte vergibt. Nach den Begriffen oder Mustern
mit der größten Punktzahl sucht er dann zuerst. Wer würde dann einem
solchen Computer einen freien Willen zuschreiben?
Ich finde die Redaktion sollte so etwas ausfiltern bzw. den Artikel
kritisch anmerken, so dass nicht einfach nur etwas übernommen wird.
spektrumdirekt antwortet:
Sehr geehrter Herr Heck,
der Artikel möchte Sie nichts "glauben machen" - er vermeldet lediglich
ein Forschungsergebnis. Ich hoffe, es wird im Text deutlich, dass ich
nicht versuche, meine eigene Meinung zu verbreiten, sondern die
Aussagen der Forscher wiedergebe. Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass
ich vorsichtiger hätte formulieren sollen. Zwar steht außer Frage, dass
die Wissenschaftler in ihrem Ergebnis die Grundlage des freien Willens
zu erkennen glauben, aber eben nur die Grundlage, die Voraussetzung,
die Möglichkeit.
Was die Forscher gefunden haben, würden sie jedoch nicht mit einem
Suchalgorithmus vergleichen - auch wenn ich das Beispiel einer Suche
verwendet habe, um das abstrakte Konzept der Lévy-Flüge zu
verdeutlichen. Kern ihres Ergebnisses ist, dass das Verhalten der
Fliegen auf der einen Seite nicht zufällig, auf der anderen Seite aber
auch
nicht vorhersagbar
ist. Es wandelt also an der Kante zu chaotischem Verhalten, ohne seine
Struktur zu verlieren. Das sind sicherlich keine Eigenschaften, die
eine Suchmaschine auszeichnen. Die Fliegen vereinen also beides: Eine
Strategie, die beim Nahrung finden hilft und gleichzeitig ein
Verhalten, das so unvorhersehbar, fast chaotisch ist, dass es den
Insekten gegenüber Verfolgern, Feinden und Konkurrenten immer Vorteile
verschafft. Eine Gratwanderung, die offenbar evolutionären Erfolg
beschert hat.
Unabhängig von der biologischen Seite ist der freie Wille ein heikles
Thema. Die Wissenschaftler gehen der philosophischen Diskussion aber
insoweit aus dem Weg, als sie lediglich abgrenzen, was unstrittig ist:
Voll determiniertes Verhalten ist nicht frei, hinter absolut zufälligem
Verhalten steckt kein Wille. Irgendwo dazwischen kann/könnte der freie
Wille existieren und irgendwo dazwischen befinden sich Mensch und
Taufliege.
Mit herzlichen Grüßen,
Jan Philipp Bornebusch
PS: Vielleicht möchten Sie lesen, was die Wissenschaftler selbst - in
Form einer Pressemeldung - auf ihrer Internetseite veröffentlichen.
Hier ist ein Link:
http://brembs.net/spontaneous/