Auch Fruchtfliegen haben "freien Willen"
San Francisco (dpa) - Selbst ein scheinbar so einfaches Lebewesen wie
die Fruchtfliege verfügt Hamburger Forschern zufolge über eine gehörige
Portion freien Willen. Die Fliegen seien in der Lage, spontane
Entscheidungen zu treffen, denen kein einfacher
Ursache-Wirkung-Mechanismus zu Grunde liege.
Das
schreiben die Forscher im Fachblatt "PLoS ONE" (Bd. 2, Nr. 5, Artikel
e443). "Selbst Fliegen-Gehirne sind mehr als reine
Input-Output-Systeme."
Die Forscher um den Computerwissenschaftler Alexander
Maye von der Universität Hamburg hatten die winzigen Fliegen in weißen
Boxen an dünnen Fäden aufgehängt - sie konnten so nicht von äußeren
Faktoren beeinflusst werden. Die Flugmanöver von insgesamt etwa 40
Tieren - nach rechts, nach links, im Kreis - wurden jeweils eine halbe
Stunde lang aufgezeichnet und mit einem ausgeklügelten Rechenprogramm
analysiert. Das Ergebnis: Statt der erwarteten zufälligen Verteilung
ließen die "Flugprotokolle" eine klare Struktur erkennen. Das Gehirn
der Fliegen müsse also eine Funktion beinhalten, die es ihnen
ermögliche, spontan und ohne äußere Ursache ihren Flug zu variieren,
schreiben die Forscher.
Zur Prüfung ließen die Wissenschaftler
in immer komplexeren Computer-Modellen mögliche Zufalls-Flugbahnen
berechnen - kamen aber nie auf ein Ergebnis, das der Realität ähnelte.
Sie wiesen damit erstmals nach, dass Abweichungen im Verhalten von
Drosophila melanogaster nicht zufällig sein können, sondern auf
spontane Entscheidungen zurück gehen müssen. "Ich hätte niemals
vermutet, dass einfache Fliegen, die in anderen Situationen immer
wieder gegen das selbe Fenster knallen, die Fähigkeit zu nicht
zufälliger Spontanität besitzen", schreibt Maye in dem Magazin.
Zuvor
seien abweichende Reaktionen von Wissenschaftlern meist als
statistische Zufallsfehler interpretiert worden. "Tiere und vor allem
Insekten werden für gewöhnlich als komplexe Roboter angesehen, die
lediglich auf äußere Reize reagieren", zitiert "PLoS" den Mitautor
Björn Brembs von der Freien Universität Berlin. Der nun entdeckte
Mechanismus sei wahrscheinlich auch bei anderen Tieren zu finden und
könne die Basis dessen sein, was die Menschheit allgemein als "freien
Willen" bezeichne, heißt es in dem Bericht weiter.
Nun müssten
die genetischen Grundlagen der spontanen Entscheidungen ergründet
werden, schreiben die Forscher. Diese könnten möglicherweise zur
Entwicklung von Robotern führen, die sich eigenen spontanen Ideen
folgend verhalten. Zudem lasse sich so vielleicht mehr über die
Ursachen von Krankheiten wie Depressionen oder Schizophrenie heraus
finden.
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Dokument erstellt am 15.05.2007 um 23:02:02 Uhr
Erscheinungsdatum 15.05.2007
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